Wie man Veränderung bewirkt und Konflikte löst
Dieses Toolkit unterstützt junge Menschen dabei, mit Veränderungen umzugehen und Konflikte konstruktiv zu lösen. Es vermittelt ihnen Werkzeuge, die sie dabei unterstützen, Herausforderungen im persönlichen und beruflichen Leben besser zu meistern. Mithilfe partizipativer Übungen lernen die Teilnehmenden, Veränderungen zu verstehen, wertebasierte Konflikte zu bewältigen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
Überblick über die Toolkits ▼
Behandelte Themen oder Fragestellungen
- Umgang mit Veränderung
- Umgang mit Konflikten
- Verantwortung übernehmen
Ziel der Aktivitäten
- Verstehen, was Veränderung bedeutet und wie sie erlebt wird.
- Gemeinsam überlegen und ausprobieren, wie Veränderungen geplant und gestaltet werden können.
- Herausfinden und üben, wie Konflikte auf friedliche Weise gelöst werden können.
Lernziele
- Junge Menschen dabei unterstützen, zu verstehen, was Veränderung bedeutet und wie sie das eigene Leben und Verhalten beeinflussen kann.
- Junge Menschen dafür sensibilisieren, welche Veränderungen sie in ihrer beruflichen Zukunft bewirken können – und wie sie diese wirksam und achtsam gestalten.
- Junge Menschen stärken, mit Werte-Konflikten umzugehen – mit Fokus auf friedlichem Konfliktmanagement und hilfreichen Methoden, um mit Menschen zusammenzuarbeiten, die andere Werte haben.
Zielgruppe
15-30 Jahre alt
Kurze Zusammenfassung der eingesetzten aktiven und partizipativen Methoden
Alle vorgeschlagenen Aktivitäten im Toolkit basieren auf aktiven und partizipativen Methoden. Dazu gehören z. B. Gruppenarbeiten in Kleingruppen (2–4 Personen), Diskussionen in der Gesamtgruppe, gemeinsames Brainstorming, kreatives Denken sowie das Bearbeiten und Lösen von Fallbeispielen.
Checkliste für Qualitätsstandards
✅ Inklusion und Vielfalt: Die Aktivität steht allen jungen Menschen offen – unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrer sexuellen Orientierung oder ihrem sozialen Hintergrund.
✅ Respekt: Die Teilnehmenden lernen, andere Menschen sowie unterschiedliche Sichtweisen und Meinungen zu respektieren, auch wenn diese von den eigenen abweichen.
✅ Ökologische Nachhaltigkeit: Die Aktivität fördert Verhaltensweisen und Praktiken, die die Umwelt schützen und langfristig nachhaltig wirken.
✅ Persönliche Entwicklung: Sie bietet jungen Menschen die Möglichkeit, ihre Talente und Leidenschaften zu entdecken, sich persönlich weiterzuentwickeln und berufliche Perspektiven zu erkunden.
✅ Global Citizenship und Mitgestaltung: Die Aktivität stärkt das Bewusstsein für gesellschaftliches Engagement und ermutigt junge Menschen, sich aktiv in ihre Gemeinschaft einzubringen.
✅ Nachhaltige Orientierung im Berufsleben: Die Aktivität betont die Bedeutung ökologischer Prinzipien und einer nachhaltigen Werte-Orientierung im Berufsleben und ermutigt dazu, umwelt-und klimafreundliche Produktions- und Wirtschaftsweisen zu fördern.
Aktivität 1
WIR LERNEN UNS NEU KENNEN
Diese Aktivität hilft den Teilnehmenden, wieder miteinander in Kontakt zu treten. Gleichzeitig ermöglicht sie es ihnen, sich durch interaktive Aufgaben mit dem Thema Veränderung auseinanderzusetzen.
Benötigte Materialien und Ausrüstung:
- Haftnotizen
- Stifte für die Teilnehmenden
- Plakatwand
- Marker
Beschreibung der Aktivität:
Icebreaker- 10 Min.
Jede Person sucht sich einen beliebigen Gegenstand im Raum aus, der sie gerade anspricht. Dann stellt sie sich der Gruppe vor – so, als wäre sie dieser Gegenstand. Zum Beispiel: „Ich bin ein Sessel. Ich habe vier Beine und einen weichen Polster.“ Anschließend tauschen sich die Teilnehmenden kurz darüber aus, wie sie diese ungewohnte Art des Kennenlernens erlebt haben.
Einführung - 5 Min.
Trainer:in erklärt kurz die geplante Session und deren Ziele und erinnert an die Gruppenregeln (siehe Toolkit 1 "Hier ist für alle Platz", Aktivität 3).
Wie beeinflusst mich Veränderung? - 15 Min.
- Die Gruppe stellt sich im Kreis auf. Alle strecken eine Hand aus, schließen die Augen und bewegen sich zur Mitte. Ziel ist es, die Hand einer anderen Person zu finden und festzuhalten. So lange, bis sich alle in Zweier-Paaren gefundnen haben.
- Die Paare sollen sich jetzt im Raum verteilen. Jeweils eine Person schließt die Augen, die andere führt sie durch den Raum, indem sie die andere Person von hinten an den Schultern hält. Anschließend werden die Rollen getauscht.
- Jetzt stellen sich alle Teilnehmenden hintereinander in einer Reihe auf und legen ihre Hände auf die Schultern der Person vor sich. Alle schließen die Augen, bis auf 3 Personen: die erste, die letzte und eine Person in der Mitte haben die Augen offen. Die erste Person führt die Gruppe und bekommt den Auftrag, darauf zu achten, dass sich alle wohlfühlen.
In der nächsten Phase teilt sich die Gruppe in zwei Kleingruppen auf:
Kleingruppe 1 vervollständigt den Satz: „Veränderung macht mich nervös …“. Jede Person fügt auf Haftnotizen einige Worte zu diesem Satz hinzu.
Kleingruppe 2 vervollständigt den Satz: „Veränderung regt mich auf …“. Jede Person fügt auf Haftnotizen einige Worte zu diesem Satz hinzu.
Danach werden die Ergebnisse im Plenum geteilt. Die Moderation fragt, ob noch jemand etwas zu den erlebten Gefühlen während der Übungen sagen möchte, besonders zu ungewohnten Veränderungen.
Trainer:in fasst zusammen, wie Veränderung unsere Gefühle, Einstellungen und unser Verhalten beeinflusst und warum es wichtig ist, diesen Einfluss zu beachten, wenn wir Veränderungen einführen.
Tipps für Jugendbetreuer:innen:
- In diesen einführenden Aktivitäten lernen die Teilnehmenden, gut mit Veränderungssituationen umzugehen und das Beste daraus zu machen. Manchmal fühlen sie sich unsicher oder verwirrt, wenn sie gefragt werden, wie sie sich in ungewohnten Situationen fühlen. Deshalb ist es wichtig, dass Trainer:in klare und verständliche Anleitungen gibt.
- Die Energie und Erfahrungen aus diesen Übungen können für die Beantwortung der zentralen Frage genutzt werden: „Wie wirkt sich Veränderung auf mich aus?”
- Wenn noch Zeit übrig ist, können die Teilnehmenden gemeinsam eine eigene Definition von Veränderung erarbeiten. Trainer:in sollte dabei auf die Zeit achten und zum Schluss die wichtigsten Punkte zusammenfassen.: Wie Veränderung uns beeinflusst? Warum wir uns mit Veränderung beschäftigen sollten und wann und wie wir selbst Veränderungen anstoßen können.
Aktivität 2
ANNIE PLANT DIE VERÄNDERUNG
Bei dieser Aktivität werden die Teilnehmenden dazu eingeladen, ein Fallbeispiel zu analysieren und einen Plan für Veränderungen zu erstellen, wobei sie wichtige Prinzipien des Veränderungsmanagements anwenden.
Benötigte Materialien und Ausrüstung:
- Stifte und Papier oder Computer/Tablet für Diskussionsnotizen und den Plan.
- Lesen: Was genau ist individuelles Veränderungsmanagement? - WalkMe Blog
Beschreibung der Aktivität:
Annie möchte die Beziehungen zwischen Männern und Frauen am Arbeitsplatz verändern
Den Teilnehmer:innen wird der Fall von Annie präsentiert. Sie erlebt am Arbeitsplatz Belästigung und Diskriminierung und möchte diese Situation verändern.
Sie ist 23 Jahre alt, gehört der Roma-Gemeinschaft an und hat einen Abschluss in Informatik. Seit einigen Monaten arbeitet sie als Produktentwicklerin in einer großen Fabrik, die Kühlschränke herstellt. Ihr Team besteht überwiegend aus älteren Kolleg:innen. Annie mag ihre Arbeit sehr und wird von den Kolleginnen geschätzt.
In letzter Zeit machen einige der älteren Kollegen jedoch unangemessene Bemerkungen über ihre Sexualität, ihre Beziehungen und ihren Roma-Hintergrund. Das macht ihr sehr zu schaffen. Annie hat mit ihrem Vorgesetzten gesprochen, doch dieser hat die Probleme nicht ernst genommen und meint, es gäbe keinen Grund zur Sorge.
Aufgabe:
Diskutiert in eurer Gruppe Annies Situation. Findet heraus, welche Schritte Annie unternehmen kann. Erstellt gemeinsam einen Plan, wie eine solche Regelung im Unternehmen vorgeschlagen und eingeführt werden kann.
Nach 20 Minuten folgt eine Gruppendiskussion über die vorgestellten Pläne.
Grundprinzipien für ein erfolgreiches Veränderungsmanagement
1. Ein Klima für Veränderung schaffen
Der erste Schritt für eine Organisation, die sich verändern will, ist es, ein Umfeld zu schaffen, das offen für Veränderungen ist. Veränderung kann Angst auslösen oder zu Frustration führen. Deshalb ist es wichtig, dass die Leitung die Notwendigkeit der Veränderung erklärt und die Teams vor Ort unterstützt. Eine klare Vorstellung davon, wie die Veränderung ablaufen soll, hilft allen beim Übergang. Eine offene und ehrliche Kommunikation darüber, warum und wie sich etwas ändert, ist wichtig, damit die Mitarbeitenden Vertrauen fassen und die Veränderung unterstützen. So fühlen sich alle als Teil des Prozesses und helfen aktiv mit.
2. Veränderung einbeziehen und ermöglichen
Wenn das Umfeld nun offen für Veränderungen ist, ist der nächste Schritt, alle in der Organisation einzubeziehen und zu unterstützen, damit die Veränderungen gelingen. Wichtig ist, klare Aufgaben und Verantwortlichkeiten zu verteilen. Benötigt man eine bestimmte Person oder ein Team, das die Veränderung umsetzt? Oder betrifft die Veränderung verschiedene Bereiche der Organisation? Wenn ja, wer sorgt dafür, dass alles gut koordiniert wird? Diese Fragen zu klären hilft dabei, den Prozess zu steuern und Missverständnisse zu vermeiden. Deshalb ist es wichtig, immer offen, ehrlich und klar miteinander zu kommunizieren. Außerdem kann es motivierend sein, kleine Erfolge schnell sichtbar zu machen, damit alle weiter engagiert bleiben.
3. Veränderung umsetzen und aufrechterhalten
Wenn alle in der Organisation engagiert sind und sowohl Einzelpersonen als auch Teams unterstützt und motiviert werden, ist es an der Zeit, die Veränderung umzusetzen und weiter daran zu arbeiten. Jetzt ist es wichtig, konzentriert zu bleiben und nicht den Einsatz zu verlieren, um das Ziel zu erreichen. Oft lässt an diesem Punkt die Aufmerksamkeit nach, sodass der Prozess ins Stocken gerät. Ändert sich das Ziel während des Veränderungsprozesses, müssen Pläne oder Aufgaben entsprechend angepasst werden, damit alle motiviert und fokussiert bleiben.
Nach der Umsetzung der Veränderung und dem Abschluss des Projekts geht es darum, den neuen Zustand zu festigen. Die Organisation soll in eine stabile Phase übergehen, damit die Veränderung dauerhaft bleibt.
4. Veränderung überprüfen und reflektieren
Nachdem die wichtigsten Schritte unternommen wurden, folgt der letzte Schritt im Veränderungsprozess: die Überprüfung. Selbst wenn das Management gut kommuniziert und Aufgaben klar verteilt hat, bleibt Veränderung ein sich ständig verändernder Prozess. Nach einer Übergangszeit ist es wichtig zu analysieren, welche Aspekte gut funktioniert haben und welche nicht. Daraus können alle lernen und den Prozess beim nächsten Mal verbessern..
Tipps für Jugendbetreuer:innen:
- Es ist sehr wichtig, den Plan einfach zu halten. Findet heraus, welche Schritte Annie unternehmen muss, um ein Regelwerk gegen sexuelle Belästigung und Diskriminierung im Unternehmen einzuführen. Was sollte Annie tun, um erfolgreich zu sein? Lasst die Gruppen ihre Vorschläge vorstellen. Anschließend schreibt ihr alle Ideen auf und erstellt gemeinsam eine Übersicht für das Regelwerk.
Aktivität 3
KATASTROPHE ODER CHANCE FÜR PERSÖNLICHE ENTWICKLUNG?
Bei dieser Aktivität sind die Teilnehmenden dazu eingeladen, ihre Sicht auf Konflikte zu erforschen. Wie reagieren sie darauf? Und wie können sie als Chance für persönliche Entwicklung genutzt werden?
Benötigte Materialien und Ausrüstung:
- Material über Konflikte für Trainer:in HERUNTERLADEN
Beschreibung der Aktivität:
1. Icebreaker: Gib nicht auf!– 10 Min.
Die Teilnehmenden bewegen sich frei im Raum. Nach einer Weile erhalten sie die Anweisung, sich in eine bestimmte Richtung zu bewegen – vorwärts und rückwärts –, auch wenn ihnen andere Personen im Weg sind. Wichtig ist: Folge der Richtung und gib nicht auf!
Im Anschluss tauschen sich alle darüber aus, wie sie sich dabei gefühlt haben. Die Moderation erklärt, dass diese Übung das Leben symbolisiert: eine Reise mit vielen Hindernissen und Konflikten.
2. Sich auf einen Konflikt einlassen oder nicht – das ist die Frage.
Die Teilnehmenden teilen sich in zwei Gruppen auf.
Die erste Gruppe vervollständigt den Satz: "Ich vermeide Konflikte, weil ...
Die zweite Gruppe vervollständigt den Satz: "Ich lasse mich gerne auf Konflikte ein, weil ...”
Anschließend tauschen sich alle über ihre Gedanken zu Konflikten und darüber aus, wie unterschiedlich Menschen darauf reagieren. Die Moderation gibt eine kurze Einführung zu den Grundlagen von Konflikten, ihrer Natur und dem Konzept der friedlichen Konfliktlösung (siehe dazu mehr im Modul 4).
Tipps für Jugendbetreuer:innen:
- Bei diesen einführenden Aktivitäten ist es wichtig, zügig zu arbeiten, den Teilnehmenden aber auch Raum für Austausch zu geben, wenn sie diesen benötigen. Um möglichst alle Teilnehmenden zum Mitmachen zu aktivieren, werden alle der Reihe nach aufgerufen, sodass jede:r ihre Gedanken, Meinungen oder Fragen teilen kann.
- Die Trainer:innen sollten sich auf dieses Thema gut vorbereiten und am besten vorab Plakate mit den wichtigsten Grundlagen der friedlichen Konfliktlösung gestalten, um diese kurz und verständlich zu erklären. So fühlen sich die Teilnehmenden bei den weiteren Übungen sicherer.
Aktivität 4
DIE ORANGE
Bei dieser Aktivität wird mithilfe eines Rollenspiels verdeutlicht, dass Konflikte gelöst werden können, wenn wir die Bedürfnisse und Sichtweisen der anderen verstehen.
Benötigte Materialien und Ausrüstung:
- Szenarien für jede Gruppe ausdrucken
Beschreibung der Aktivität:
Aus der Gruppe werden zwei Dreiergruppen ausgewählt für das Rollenspiel.
In jeder Dreiergruppe werden die Rollen vereinbart: Kind 1, Kind 2 und Elternteil.
Jede Rolle erhält eine Rollenkarte und kann sich kurz in die Rolle einleben (und eventuell die Szene noch kurz in der eigenen Dreiergruppe proben).
Dann werden die beiden Szenen der Gruppe vorgespielt. Zuerst Gruppe 1, dann Gruppe 2.
Nachdem beide Szenen angesehen wurden, findet eine allgemeine Diskussion in der Gruppe statt.
Rollen:
Elternteil (für beide Gruppen gleich):
Ihre Kinder streiten in der Küche. Sie fragen: „Warum?“ Beide antworten: „Ich will die Orange!“
Sie halbieren die Orange und geben jedem eine Hälfte. Trotzdem sind beide unzufrieden. Sie fragen erneut: „Warum seid ihr unglücklich?“
Gruppe 1 – Konflikt ohne Erklärung
Kind 1: „Du möchtest die ganze Orange, um Saft daraus zu pressen. Deine Schwester will die Orange aber auch ganz haben, deshalb streitet ihr.
Kind 2: Du möchtest die ganze Orange, um die Schale für einen Kuchen zu verwenden, den du mit deiner Großmutter backen willst. Deine Schwester will die Orange auch ganz haben, deshalb streitet ihr.
Gruppe 2 – Konflikt mit Erklärung
Kind 1: Du möchtest die ganze Orange, um Saft daraus zu pressen. Du brauchst sie ganz und möchtest dich nicht streiten. Deshalb versuchst du, deiner Schwester zu erklären, warum du die Orange brauchst.
Kind 2: Du möchtest die ganze Orange, um die Schale für einen Kuchen zu verwenden, den du mit deiner Großmutter backen willst. Du brauchst sie ganz und möchtest dich nicht streiten, weshalb du versuchst, zu erklären, warum du die Orange brauchst.
Diskussion nach den Rollenspielen: Stelle folgende Fragen:
- Was sind die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Szenen?
- Wie wurde der Konflikt in jeder Szene gelöst? Waren die Kinder zufrieden?
- Wie hat die zweite Frage des Elternteils („Warum seid ihr unglücklich?“) die Situation verändert?
- Was ist aus eurer Sicht die wichtigste Voraussetzung, damit Konflikte friedlich gelöst werden können?
Fasse die Idee der friedlichen Konfliktlösung zusammen und betone dabei die Bedeutung der Interessen der Konfliktparteien, ihren Wunsch, den Konflikt gemeinsam zu lösen, sowie ihre Beziehung zueinander. Betone außerdem, dass beide mit der Lösung zufrieden sein sollten.
Tipps für Jugendbetreuer:innen:
- Ermutige jedes Trio, zu diskutieren, was passiert ist, und hole auch Feedback von der gesamten Gruppe ein.
Aktivität 5
DU WILLST VERÄNDERUNG, ABER ES KOMMT ZU EINEM KONFLIKT!
Die Teilnehmer:innen lernen durch praktisches Rollenspiel und Konfliktanalyse, wie Konflikte durch Verstehen und gemeinsame Lösungsfindung bewältigt werden können.
Benötigte Materialien und Ausrüstung:
- Drucken Sie die untenstehenden Szenarien aus oder zeigen Sie sie auf einem Bildschirm an
Beschreibung der Aktivität:
Annie und die Regeln
Wir kennen Annies Geschichte: Sie hat einen Entwurf für ein Regelwerk gegen sexuelle Belästigung und Diskriminierung erstellt und ihrem Chef übergeben. Dieser soll nun umgesetzt werden. Einige ihrer Kolleg:innen sind zwar skeptisch und meinen, es werde sich nichts ändern, doch sie sind ihr gegenüber freundlich gesinnt. Annie entgegnet ihnen, dass sie alles tun werde, um die Regeln durchzusetzen. Für sie ist entscheidend, dass sich die Beziehung zwischen Männern und Frauen am Arbeitsplatz verändert. Ohne diese Veränderung kann sie dort nicht weiterarbeiten.
Andere sehen das anders. Besonders zwei von ihnen haben Annie bei einer Vollversammlung verbal angegriffen. Sie behaupteten, die Regelungen würden die Beziehungen verschlechtern, und warfen ihr vor, eine versteckte Agenda zu verfolgen, mit der sie versuche, sie einzuschüchtern.
Am nächsten Tag ruft der Chef Annie und Ivan zu sich und sagt.; „Die Atmosphäre wird unerträglich. Für mich ist das Wichtigste, dass sich das Unternehmen weiterentwickelt und die Beziehungen zwischen den Mitarbeitenden die Arbeit nicht beeinträchtigen. Setzt euch zusammen und versucht, euch gegenseitig zu verstehen. Versucht, den Konflikt selbst zu lösen. Wenn das nicht gelingt, werde ich eine Entscheidung treffen. Einer von euch wird dann nicht mehr am selben Arbeitsplatz arbeiten können, damit die Beziehungen im Team nicht weiter leiden.“
Konfliktanalyse – Grundpunkte
- Teilnehmende am Konflikt: Wer ist am Konflikt beteiligt? Es können zwei Personen sein, aber auch mehrere, ähnlich wie bei Umweltkonflikten, an denen ein Dutzend oder mehr Menschen beteiligt sein können.
- Positionen: Was sind die konkreten Standpunkte der Konfliktparteien? Bewerten Sie diese.
- Interessen: Welche Interessen verfolgen die Beteiligten? Warum ist der Konflikt für sie wichtig?
- Beziehungen zwischen den Parteien: Wie sind die Beziehungen zwischen den Parteien? Gibt es langanhaltende Feindseligkeiten oder Bemühungen um Versöhnung?
- Bereitschaft zur Lösung: Sind die Konfliktparteien wirklich daran interessiert, eine Lösung zu finden, oder sind sie lediglich bereit zu verhandeln, um den Konflikt zu beenden?
- Äußere Umstände: Gibt es äußere Faktoren, die die Beteiligten zu einer Lösung drängen?
- Öffentliche Meinung über den Konflikt: Wie wird der Konflikt von anderen Menschen wahrgenommen? Wie denken Kolleg:innen oder Personen, die den Konfliktparteien nahestehen?
- Machtverhältnisse: Kann eine Partei den Konflikt einseitig lösen oder durchsetzen?
Versuchen wir, einen Konflikt zu lösen
- Schritt 1: Vereinbart ein Treffen, um eure Meinungsverschiedenheiten zu besprechen. Betont dabei, wie wichtig euch dieses Treffen ist und dass ihr eine gemeinsame Lösung finden möchtet.
- Diskutiert offen über den Konflikt. Teilt eure Sichtweisen, warum der Konflikt entstanden ist und warum er euch wichtig ist. Hört der anderen Seite aktiv zu. Versucht, die Diskussion positiv zu halten, und vermeidet Beleidigungen. Bewertet nicht die Person, sondern konzentriert euch auf das Problem.
- Schritt 3: Sobald ihr die Ursachen verstanden habt, sucht gemeinsam nach Lösungen, die für alle akzeptabel sind. Schlagt Vorschläge vor, diskutiert sie und entwickelt sie weiter. Falls nötig, legt Kriterien fest, mit denen ihr die Lösungen bewerten könnt.
- Schritt 4: Wenn ihr euch auf Lösungen geeinigt habt, dann ist das eure Vereinbarung zur Konfliktlösung. Legt fest, wie diese Vereinbarung eingehalten wird und was passiert, wenn dies nicht geschieht.
Zusammenfassung
- Erkundet den Konflikt gemeinsam.
- Teilt eure Interessen und erklärt, warum der Konflikt für euch wichtig ist.
- Sucht nach Lösungen, die für alle Beteiligten akzeptabel sind.
- Bewertet die Lösungen realistisch und trefft eine gemeinsame Vereinbarung.
Gib den Teilnehmenden die Materialien zu Annie, den Regeln, der Einschätzung einer Konfliktsituation und den Schritten der Konfliktlösung.
Es gibt drei Möglichkeiten, die Aktivität durchzuführen:
Die Gruppe wird in Dreiergruppen aufgeteilt. Jeweils zwei Personen übernehmen die Rollen der Konfliktparteien, eine Person beobachtet. Die Konfliktparteien versuchen, den Konflikt innerhalb von 15 Minuten zu lösen. Anschließend präsentiert jede Gruppe ihre Lösung.
Freiwillige spielen Annie und eine/n Kolleg:in vor der gesamten Gruppe. Sie lösen den Konflikt und anschließend findet eine gemeinsame Diskussion statt.
Zwei Freiwillige lösen den Konflikt mit Unterstützung einer Mediation, beispielsweise der Moderation.
Die Wahl der Methode liegt bei der Moderation und richtet sich nach den Fähigkeiten der Gruppe.
Tipps für Jugendbetreuer:innen:
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Diese Aktivität ist recht anspruchsvoll, da die Teilnehmenden nur wenig Zeit haben, sich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen. Daher wird empfohlen, die Variante zu wählen, bei der die Moderation die Rolle der Mediation übernimmt. So kann sie oder er die Schritte der Konfliktlösung klar definieren und den Prozess gezielt steuern. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass die Moderation darauf hinweist, dass es sich hierbei um einen typischen Werte-Konflikt handelt, auch wenn er auf den ersten Blick wie ein Streit zwischen Kolleg:innen wirkt. Annie verteidigt ihre Würde und Menschenrechte, während die andere Seite möglicherweise ihre Meinungsfreiheit geltend macht.
